Oikocredit-Mitglieder im Fokus: Der Solarbäcker Hermann Barth
Hermann Barth, langjähriges Mitglied im Oikocredit Förderkreis Baden-Württemberg, ist ein Mensch, der „von Unabhängigkeit getrieben ist“. In seinem Garten in Ehrenkirchen bei Freiburg backt er mit der Kraft der Sonne Brot, brät Spiegeleier und macht Lebensmittel haltbar.
Die Kraft der Sonne und einfach mal machen!
Der gelernte Maschinenschlosser, Flugzeugmechaniker und Sozialpädagoge ist ein Tausendsassa im Unruhestand. Neben dem Parabolspiegel, auf dem die Brötchen backen, steht ein Solarkocher, in dem gerade rote Beete eingemacht wird.
Als Jugendlicher baute er bereits Bohnen im heimischen Garten an und verkaufte den Überschuss an der Straße vor dem Elternhaus. In späteren Jahren, getrieben von dem Wunsch nach gesunden Lebensmitteln aus eigener Erzeugung und größerer energetischer Unabhängigkeit, installierte er als einer der Ersten im Dorf Photovoltaik auf dem Dach. Die Heizungsanlage, Warmwassererzeugung und eine Batterie, in dem der Solarstrom gespeichert wird, machen ihn und seine Familie so gut wie unabhängig vom Stromnetz. Was ihn aufregt, ist die Tatsache, dass Leute, die sich ein E-Auto kaufen, vom Staat Tausende Euros bekommen, während es für die Anschaffung von Speichern so gut wir keine Zuschüsse seitens der Politik gibt.
Auf die Frage, warum er einen Parabolspiegel (700 Watt Leistung wie eine Elektroherdplatte aus deutscher Produktion) zum Backen und Kochen nutzt, antwortet er in seiner trockenen Art: „Ausprobieren, was geht!“ Es gehe nicht nur um Energiesparen, sondern vor allem darum, „zu zeigen, was durch die Kraft der Sonne alles möglich ist,“ so Hermann Barth. Ihm ist bewusst, dass nicht jeder Mensch einen Garten besitzt, der die Installation eines solchen Parabolspiegels zulässt. Auch haben nicht alle Zeit, den Broten beim Backen zuzuschauen und die Ausrichtung des Spiegels optimal zu prüfen.
Hermann Barth, der der Meinung ist, dass es zu viele Bedenkenträger gibt, die statt auszuprobieren zunächst Projektideen zerreißen, würde vermehrt auf dezentrale, kommunale und regionale Energieversorgung setzen.
Warum er vor vielen Jahrzehnten Geld bei Oikocredit angelegt habe, frage ich ihn zum Abschied. Auf seinen Reisen nach Indien, so berichtet er, habe er Frauen kennengelernt, die wahnsinnig schwer arbeiten, Holz sammeln, Wasser holen, Landwirtschaft betrieben und „die für die Anschaffung einer Ziege oder kleinen PV-Anlage keine Kredite von den dortigen Banken bekommen“. Weil sie keine Sicherheiten hatten und als weniger geschäftstüchtig galten. „Die Idee von Muhamad Yunus, dem Gründer der Grameen Bank in Bangladesch, hat mich fasziniert und so kam ich zu Oikocredit.“
Die Brötchen sind inzwischen gut aufgegangen, doch ganz durch sind sie nicht – einige Wolken haben die Kraft der Sonne eingeschränkt. Hermann Barth kann die halbfertigen Brötchen jetzt einfach im Ofen mit selbsterzeugtem Strom weiter backen oder morgen wieder auf den Parabolspiegel stellen.
Nach Hause fahre ich mit einer Portion frischen Mangolds und Salat aus dem Garten sowie der bereichernden Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die einfach mal machen, denn es könnte ja gut werden! Nach dem Motto „Machen ist wie Wollen, nur krasser.“
Das Interview führte Dr. Christina Alff.
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